Chinesische Tradition hin oder her – eines ist klar: Wer auf der Suche nach dem besten Geschmackserlebnis ist, der kommt an der traditionellen chinesischen Tee-Zubereitung (im chinesischen „Gong Fu Cha“ 功夫茶 genannt) nicht vorbei. Vor allem für unsere hochwertigen Oolong-Tees empfehlen wir diese Methode. Doch keine Angst, man kann recht einfach beginnen, auch ohne allzu viel Vorwissen und Werkzeug.
Im Gegensatz zu der typisch westlichen Tee-Zubereitung verwendet man bei Gongfu Cha eine kleine Teekanne mit einer größeren Menge Tee. Zum Beispiel gießt man fünf Gramm Tee in einer 150ml Tonteekanne mit einer sehr kurzen Ziehzeit von 20-30 Sekunden mehrmals auf. Oolong-Tees können so fünf bis sieben Mal aufgegossen werden. Bei der kurzen Ziehzeit lösen sich weniger Bitterstoffe und feine Aromen können mehr in den Vordergrund treten. Das Geschmacksbild verändert sich vom ersten bis zum letzten Aufguss und die vielen Aufgüsse bieten damit auch ein interessanteres Tee-Erlebnis.
Neben diesem Basis-Equipment gibt es für die Gong Fu Tee-Zubereitung eine endlose Reihe an mehr oder weniger nützlichen und spielerischen Accessoires. So ist zum Beispiel das sogenannte „Teeboot“ aus Holz oder Stein der passende Untersatz für die Tee-Zubereitung und eine stilsichere Methode die Wasserspritzer kunstvoll in Szene zu setzen. Ein Teelöffel aus Bambus oder Holz vereinfacht das Dosieren und verhindert, dass man die Teeblätter mit den Fingern anfassen muss. Mit einem Sieb können beim Aufgießen kleinere Schwebeteilchen herausgefiltert werden. Riechbecher werden zusätzlich zum Trinkbecher benutzt, um das Aroma des Tees vor dem Trinken zu Riechen. Ein Tuch dient der Sauberkeit des Arbeitsplatzes.
Zunächst sollte man die richtige Teekannen-Größe finden: Für wie viel Personen möchte ich Tee zubereiten?
Welche Form sollte die Teekanne haben?
Oolong-Tees sind stets ungebrochene Ganzblatt-Tees. Damit sich die Teeblätter entfalten können, ist eine bauchige, runde Form von Vorteil. Grundsätzlich benötigen kugelig gerollte Oolong-Teeblätter (z.B. Four Seasons Oolong) mehr Raum sich zu entfalten, als längsgerollte Teeblätter (z.B. Dancong Oolong).
Das Material: Man unterscheidet zwischen glatten, geschmacksneutralen Oberflächen (z.B. Porzellan) und porösen, luftdurchlässigen Oberflächen (z.B. unglasierte Yixing Tonerden). Letztere haben einen positiven Einfluss auf das Geschmacksbild von dunklen Tees – man bevorzugt sie bei Pu-Erh Tees, dunklen Oolong Tees und schwarzem Tee. Für geringer oxidierte Oolong Tees und grüne Tees sind glatte und damit geschmacksneutrale Oberflächen geeignet. Bei diesen leicht oder gar nicht oxidierten Tees möchte man die unverfälschten, blumigen und floralen Noten erleben. Übrigens verwenden Tea Taster für die Zubereitung stets glasiertes Porzellan. Die sehr glatte Oberfläche hat nämlich den geringstmöglichen Einfluss auf den Geschmack.
Ein weiterer Faktor ist die Wandstärke und die Wärmekapazität des Materials. Dickwandige Yixing Teekannen haben eine sehr hohe Wärmekapazität. Porzellan und Glas dagegen haben eine geringere Wärmekapazität. Diese Materialien lassen sich schlechter vorwärmen und man verliert beim Aufgießen ca. 10° Wassertemperatur. Teekannen-Empfehlungen:
1. Wasser aufkochen und Vorheizen
Zunächst sollte man grundsätzlich möglichst weiches Wasser verwenden. Zu hartes Wasser trübt das Geschmackserlebnis – der Tee schmeckt dann etwas kratzig. Außerdem bildet der im Wasser befindliche Kalk mit den gelösten Polyphenolen einen Film auf der Wasseroberfläche, den man nicht haben möchte.
Für alle Oolong-Tees kann man das Wasser erstmal getrost aufkochen – wenn man einen Wasserkocher mit Temperaturvorwahl hat, kann man das Wasser auch auf 90° erhitzen.
Das Vorheizen: Im ersten Schritt spült man die Teekanne und die Trinkbecher mit heißem Wasser durch – damit der Ton sich gut aufheizt, sollte man das Wasser einige Sekunden in den Gefäßen belassen und anschließend wegschütten.
2. Oolong-Teeblätter Dosieren und erste Duftprobe nehmen
Nun gibt man die Oolong-Teeblätter in die geleerte, aber noch feuchte und vorgeheizte Teekanne. Dabei gilt die Faustregel: 5g Tee pro 150ml Teekannen-Volumen. Anschließend schließt man die Teekanne mit dem Deckel und schüttelt das Gefäß einige Male kräftig. Man öffne die Teekanne einen kleinen Spalt und rieche: Das ganze Aroma-Spektrum des Tees liegt einem in der Nase und man darf sich auf den ersten Aufguss freuen!
3. Erster Aufguss
Nun den Tee mit ca. 95° C heißem Wasser aufgießen – da man ohnehin ein paar Grad Celsius beim Aufgießen verliert, kann man getrost frisch aufgekochtes Wasser verwenden. Für geringer oxidierte Oolong-Tees dürfen es auch ein paar Grad weniger sein (90° Aufgusstemperatur). Die Ziehzeit für den ersten Aufguss kann man mit 30-40 Sekunden ausprobieren. Wenn man zuvor den Tee gewaschen hat (optional), reichen 20 Sekunden.
4. Umschütten
Am Ende der Ziehzeit gießt man den Tee vollständig in das Aufgussgefäß, zum Beispiel in eine Glaskaraffe. Das Glas hat den Vorteil, dass man die leuchtenden Farben des Aufgusses besser wahrnehmen kann. Das Aufgussgefäß hat idealerweise die gleiche Füllmenge, wie die Teekanne. Das Umschütten beendet die Ziehzeit und ermöglicht, dass der erste Aufguss homogen im Geschmack bleibt. Außerdem kühlt sich der Tee beim Umgießen um ca. 10° ab, dieser Effekt ist gewünscht, um den Tee auf Trinktemperatur zu bringen.
5. Ausschenken
Nun wird der erste Aufguss gleichmäßig auf die gewünschte Anzahl an Teebechern ausgeschenkt. Die Teebecher sollten auch vorgeheizt worden sein, da der Tee sonst zu viel Wärme verliert. Ein weiterer Wärmeverlust von max. 10° ist ideal – der Tee kann nun direkt getrunken werden und hat angenehme 60-70° Celsius.
6. Trinken
Tea Taster schlürfen Ihren Tee gerne – die Belüftung des Tees und das Umspielen des Gaumens trägt zu der besseren Wahrnehmung der Geschmacksnuancen bei. Man kann den Tee aber auch einfach vor dem Hinunterschlucken ein paar Sekunden im Mund verweilen lassen. Das ist eine sozialverträglichere Art des Genießens.
7. Weitere Aufgüsse
Der Tee kann nun weitere Male aufgegossen werden. Gute Oolong-Tees lassen sich problemlos 5-7 Mal aufgießen. Pu-Erh Tees sogar bis zu 10 Mal. Wenn der Tee vor dem ersten Aufguss nicht gewaschen wurde, gilt folgendes: der zweite Aufguss ist der kürzeste. Bei jedem weiteren Aufguss kann man ca. 10 Sekunden Ziehzeit hinzurechnen.
Eine Gongfu Session mit einem kugelgerollten Milky Oolong-Tee könnte also z.B. wie folgt aussehen, Aufgusstemperatur durchgehend 90° Celsius:
Man kann die weiteren Aufgüsse auch zeitversetzt z.B. einige Stunden später fortsetzen. Merke: Durchnässte Teeblätter innerhalb eines Tages verwerten.
Etikette und Feinschliff
Ästhetische Bewegungsabläufe sind bei der chinesischen GongFu Cha Tee-Zeremonie sehr wichtig. Der Oberkörper ist stets gerade und aufrecht, die Bewegungsabläufe sind sanft und anmutig. Grobe und laute Bewegungen sind zu vermeiden. In China wird die Gongfu Cha Tee-Zubereitung von Meistern geleert und man braucht Jahre um sie zu Perfektionieren.
Das Teekenner Team wünscht viel Spaß beim Ausprobieren!
Christian Beck