facebook instagram youtube
Beratung:
+49 (0)89 921 310 010
Teekenner Service

10 Fakten über Pu-Erh Tee

30. April 2021
Ziegel Pu-Erh Tee
Pu-Erh Tee wird zu Fladen oder Ziegeln gepresst und mit einer Handelsmarke gelabelt.

1. Pu-Erh Tee ist der einzig wirklich fermentierte Tee

Im Gegensatz zum schwarzen Tee wird nur der Pu-Erh Tee wirklich fermentiert. Schwarzer Tee oxidiert, d.h. die Polyphenole im Tee reagieren mit dem Sauerstoff aus der Luft. Beim Pu-Erh Tee hingegen sind Mikroorganismen aktiv, die die Bestandteile der Teeblätter im Zuge ihrer Stoffwechselprozesse verändern. Dabei werden die in den Teeblättern enthaltenen Gerb- und Bitterstoffe in weichere und milde Polyphenole umgewandelt. Ein hochfermentierter Pu-Erh Tee schmeckt deshalb viel milder mit leichter Süße und besitzt praktisch keine Adstringenz mehr.

Die für die Fermentation verantwortlichen Mikroorganismen sind Penicillium, Aspergillus und Streptomyces. Diese Mikroben produzieren auch eine Vielzahl der für uns heute bedeutenden Antibiotika.
 

Jingmai Sheng Pu-Erh Tee
Traditonelles Befeuern der Teeblätter per Hand bei der Pu-Erh Tee Herstellung.

2. Sheng Pu-Erh = roher Pu-Erh

Sheng Pu-Erh Tee wird auch „roher“ Pu-Erh Tee genannt. Er hat noch keinen höheren Reifegrad durch Lagerung bzw. Fermentation erzielt. Er besitzt noch einen hohen Anteil an Gerbstoffen und hat häufig eine gewisse Adstringenz. Ein guter Sheng kann recht schöne, komplexe Fruchtnoten zum Vorschein bringen, die auf die enthaltenen Aminosäuren zurückzuführen sind.

Wenn man einen Sheng Pu-Erh richtig lagert (trocken, dunkel, nicht zu feucht), dann bekommt man früher oder später einen Shu Pu-Erh Tee. Hat man einen guten Sheng Pu-Erh als Ausgangsbasis verwendet, dann kann man bereits nach einigen Jahren mit erheblichen Wertsteigerungen rechnen.

 

Shu Pu-Erh Tee aus Yunnan
Shu Pu-Erh Tee ist gereifter (= fermentierter) Pu-Erh Tee. Die gepressten Teeblätter vom Shu Pu-Erh Tee haben eine dunkelbraune Farbe.

3. Shu Pu-Erh = reifer Pu-Erh

Shu Pu-Erh Tee ist also gereifter Tee. Die Fermentation hat sich gänzlich vollzogen und der getrocknete Tee besitzt nun eine dunkelbraune Farbe, die auf die Fermentation zurückzuführen ist. Seine Aufgussfarbe ist bei voller Fermentation sehr dunkel bis fast schwarz, ähnlich einem Espresso.

Shu Pu-Erh schmeckt weich mit einer angenehmen Süße. Bei einem guten Shu Pu-Erh kommen die mineralischen und leicht erdigen Noten schön zur Geltung.

Der Shu-Pu Erh ist äußerst dankbar bei der Zubereitung. Da er so gut wie keine Bitterstoffe mehr hat, kann man ihn problemlos auch mal länger ziehen lassen. Er ist dann immer noch gut genießbar.

 

Pu-Erh Tee Manufaktur am Ailao Berg, Yunnan, China
Pu-Erh Tee wird auch heute noch überwiegend in Handarbeit hergestellt. Nach dem Welken, Wok-Erhitzen, Kneten und Trocknen wird der Tee zu Tee-Fladen weiterverarbeitet. Dabei werden die getrockneten Teeblätter gedämpft, in einen Stoffbeutel gefüllt und anschließend in einer Presse in die runde Fladenform gepresst.

4. Kontrollierte Fermentation vs. Langzeitreifung

Bei der traditionellen Reifung von Pu-Erh Tee wird der fertig gepresste Tee einfach gelagert und reift unter dem Einfluss von Sauerstoff sehr langsam vor sich hin. Nach frühestens 5 Jahren kann man dann von einem reifen Pu-Erh Tee sprechen. Der Reifeprozess läuft aber weiter und je älter der Tee, desto höher der Reifegrad und auch der Preis.

Im Jahr 1972 wurde in einer damals noch staatlichen Teefabrik in Kunming ein neues Reifeverfahren entwickelt. Mit Hilfe der eingangs genannten Mikroorganismen werden die Teeblätter bei geeigneter Feuchte und Temperatur einem beschleunigten Fermentationsprozess unterzogen. Der Tee ist auf diese Weise nach nur 42 Tagen voll ausgereift.

Im Vergleich zur Langzeitreifung lässt sich die künstliche Reifung deutlich besser kontrollieren. Beim traditionell gelagerten Pu-Erh Tee kann es nämlich bei unsachgemäßer Lagerung (z.B. zu feucht, zu warm oder unter Einfluss von Schimmelpilzen) zu unerwünschten Einflüssen kommen. Der Tee schmeckt dann muffig oder ist gar von Schimmelpilzen befallen und muss im schlimmsten Fall entsorgt werden.

 

 

 

Jingmai Shu Pu-Erh Aufguss
Der Shu Pu-Erh Tee hat eine stark dunkelbraune bis dunkelrote Aufgussfarbe. Bei sehr stark fermentierten Sorten hat die Aufgussfarbe die Intensität wie bei einem starken Kaffee.

5. Hohe Konzentration an Polyphenolen

Was ist nun besser, ein traditionell gereifter Pu-Erh Tee oder ein künstlich gereifter Pu-Erh Tee? Die Experten sind sich einig: Geschmacklich erzielt der künstlich gereifte Pu-Erh Tee keine schlechteren Ergebnisse als ein traditionell gereifter Pu-Erh Tee. Eine aktuelle Studie aus Taiwan scheint sogar zu belegen, dass der Gehalt an besonders wertvoll geltenden Inhaltsstoffen (z. B. GABA, Statin, Polyphenole) bei den künstlich gereiften Pu-Erh Tees häufig höher oder mindestens genauso hoch ist.

 

6. Anregende Wirkung durch Koffein und Theobromin

Neben den wertvollen Flavonoiden hat der gereifte Pu-Erh Tee nach wie vor einen beachtlichen Koffein- und Theobromingehalt. Beide Stoffe sind anregend, wirken aber nicht wie beim Kaffee auf das Herz-Kreislaufsystem, sondern auf das vegetative Nervensystem.

 

Frische Pu-Erh Tee-Ernte in Jingmai
Frische geerntete Teeblätter werden zum Welken ausgelegt. Die Blätter stammen von den alten Teebäumen des historischen Jingmai-Teegartens. Auf den Einsatz von Pestiziden wird hier grundsätzlich verzichtet. Ganz anders sieht es jedoch bei den günstigeren Plantangentees aus.

7. Warum bio-zertifizierte Pu-Erh Tees fast keine Rolle spielen

Traditionell kommt Pu-Erh Tee aus Yunnan. Der Name geht auf die Stadt Pu’Er zurück, in der er früher und auch heute noch gehandelt wird. Seit 2008 ist der Name Pu-Erh Tee in China geschützt und darf nur für Teesorten aus dieser Ursprungsregion verwendet werden. Drei Regionen in der Provinz Yunnan sind heute für den Pu-Erh Anbau relevant: Pu‘Er, Xishuangbanna und Lincang. Sie liegen alle am Oberlauf des Flusses Mekong.

Der Verkauf von Pu-Erh Tee innerhalb Chinas boomt. Gerade die teuren Sorten erfreuen sich in China’s aufstrebender Gesellschaft immer größerer Beliebtheit. In Europa spielte Pu-Erh Tee bis vor wenigen Jahren fast gar keine Rolle. Erst in den letzten Jahren entstand ein Markt, der aber im Vergleich zu China sehr klein ist. Die teure EU-Bio-Zertifizierung ist deshalb gerade für die erfolgreichen Teebauern kein lukratives Geschäft – man kann den ohnehin begrenzten Ertrag gut im chinesischen Binnenmarkt verkaufen.

 

Wilder Teebusch in Yunnan
Die Teebäume im Yunnan können mehrere 100 Jahre alt werden. Einige wenigen Exemplare sind sogar über 1.000 Jahre alt. Je älter der Baum, desto besser die Blattqualität und desto teurer der Pu-Erh Tee.

8. Plantagenbüsche, verwilderte Büsche oder alte Teebäume

Die gute Nachricht: Die verwilderten Teebüsche und -bäume höherwertiger Pu-Erh Teesorten wachsen in alten Mischkulturen. D.h. die Teebäume werden gezielt von größeren Bäumen beschattet und der Boden ist durch kleinere, bodennahe Pflanzen bewachsen. Diese traditionelle Anbauweise wird von den Ureinwohnern Yunnans bereits seit der Song Dynastie (960 bis 1279) praktiziert, also lange bevor es überhaupt Pflanzenschutzmittel gab. Die Anbauweise hat sich als besonders nachhaltig und schonend für die Pflanzen herausgestellt. Sie wird deshalb heute noch unverändert ohne den Einsatz von Pestiziden praktiziert. Anders verhält es sich beim Anbau in terrassenförmigen Monokulturen. Hier werden Plantagenbüsche verwendet, die wesentlich anfälliger für z.B. Insektenbefall sind.

Daher gilt es, genau auf die Herkunft und die Anbaumethode zu achten. Im Zweifelsfall kann rückstandsfreier Tee nur durch konsequente Kontrollen sichergestellt werden. Man hat aber beim Kauf eines teuren Pu-Erh Tees von alten Teebäumen (z.B. Gushu) gute Karten auf einen Tee, der nicht mit Pestiziden belastet ist. Ganz anders sieht es jedoch bei den günstigeren Plantagentees aus.

 

9. Der Mythos vom Schlankmacher

Lange Zeit wurde die Sau durchs Dorf getrieben Pu-Erh Tee sei ein natürlich wirksames Mittel zum Abnehmen. Diese Aussagen gehen auf diverse wissenschaftliche Studien zurück in denen z.B. nachgewiesen werden konnte, dass bestimmte Substanzen die auch in Verbindung mit Gewichtszunahme stehen (Cholesterin und Triacylglycerol) durch die Wirkung der unter anderem im Pu-Erh Tee enthaltenen Polyphenole gehemmt werden. Außerdem wurde im Pu-Erh Tee die Cholesterinsenkende Substanz Lovastatin nachgewiesen.
Auch wenn solche Ergebnisse vielleicht gewisse Hinweise geben können, so sind die wissenschaftlichen Erkenntnisse leider noch viel zu dünn um sichere Aussagen über die Wirksamkeit treffen zu können.

 

Zubereitung von Sheng Pu-Erh Tee
Sheng Pu-Erh Tee erkennt man an den dunkelgrünen und vereinzelt silbernen Teeblättern im Teekuchen. Je größer die Teeblätter, desto älter der Baum. Kleine Teeblätter deuten eher auf einen Plantagentee hin. Der Aufguss eines guten Sheng Pu-Erh Tees hat eine goldene Farbe.

10. TCM: Wärmende Eigenschaft (Shu Pu-Erh) oder kühlend (Sheng Pu-Erh)

Jenseits der Schulmedizin finden sich in der traditionellen chinesischen Medizin interessante Eigenschaften über den Pu-Erh Tee.

Sheng Pu-Erh Tee hat laut TCM nämlich eine kühlende Eigenschaft. Er sollte also eher bei Hitze, z.B. im Sommer oder bei allgemein warmer Befindlichkeit getrunken werden. Das gleiche gilt übrigens für grünen Tee.

Shu Pu-Erh Tee hingegen hat eine wärmende Eigenschaft. Dieser Tee lässt sich z.B. gut an kalten Tagen oder bei allgemein kalter Befindlichkeit trinken.

Generell gilt jedoch, wie für alle Teesorten: Nicht zu viel von der immer gleichen Sorte über lange Zeiträume konsumieren, sondern auch mal die Teesorten durchwechseln.

 

Die Ursprünge des Pu-Erh Tees - eine kurze Reise durch die Zeit.

Im heutigen Jinggu finden sich die ältesten Anzeichen von Tee in Form von versteinerten Blättern, die auf gut 34 Millionen Jahre geschätzt werden. Die Spuren dieser Bewohner stammen aus der paläolithischen Zeit, der sogeannten Altsteinzeit, dem Ende der „Jäger und Sammler“ Zeit im heutigen Jingdong und Zhenyuan am Ailo Berg und in Jinggu am Wen Berg.

Zur Zeit der Tang Dynastie (617 bis 907) breitete sich das Teetrinken im chinesischen Kaiserreich aus und der Gelehrte Luyu, dokumentierte in seiner „Tee Bibel“ den Tee Anbau und Konsum in acht Regionen des Kaiserreichs, jedoch war hier noch nicht die Rede von Pu-Erh Tee.

Pu-erh Tee wurde erst von Fanchuo dokumentiert als Getränk der Yinsheng Bewohner und wurde zunächst Yinsheng Tee genannt und als Tribut in den Kaiserpalast geliefert.
„Die Teeproduktion in Yinsheng ist systematisch und es wird zielgerichtet gepflückt.“ liest man bei Fanchuo aus dem Jahr 862.

Der Teehandel während der Tang Dynastie etablierte sich nicht nur, sondern fand auch seinen Weg über die Grenzen Chinas hinweg.

Rollen des Pu-Erh Tees per Hand
Im Yunnan ist die Pu-Erh Tee Herstellung auch heute noch überwiegend Handarbeit - die Teeblätter werden, wie hier am Ailao-Berg, per Hand gerollt.

In der Ming Dynastie (1368 bis 1644) wurden die ersten Marken gegründet und der Teeanbau erweitert. Die Grenzen des heutigen Pu-Erh Tee Anbaus haben sich jedoch nur noch unwesentlich geändert. In dieser Zeit wurde auch die Teeproduktion revolutioniert und anstatt dem „Yinsheng Teegetränk“ unterschied man fortan zwischen Grüntee, dunklen Tee, weißen, gelben und Oolong Tee. Teemittelpunkt war die Stadt und Region Pu'er und dies gab dem „dunklen Tee“ seinen Namen Pu-Erh. Fangyizhi (方以智 1611~1671) beschrieb als erster die traditionelle Form und Wirkung von Pu-erh Tee: „Pu-Erh Tee wurde gedämpft, um die Blätter in eine ziegelartige oder runde Form für den Transport nach Tibet zu bringen, dort sei Pu-Erh als verdauungsfördernd beliebt“.

Die nächste Innovation im Pu-Erh Bereich ergab sich 1973, als Luyun eine neue Reifungsmethode erfand. Dabei werden dem anfangs rohen Pu-erh „gute“ Bakterien beigemengt. Bei hoher Luftfeuchtigkeit und einer Temperatur von ca. 35 Grad C findet eine beschleunigte Fermentation statt. Nach nur 40 Tagen ist der Tee fermentiert, ein Prozess, der normalerweise Jahrzehnte dauert. Mit dieser Methode wird letztendlich aus rohem Tee (Sheng Pu-Erh) in kurzer Zeit gereifter Tee (Shu Pu-Erh) gemacht. Gestartet wurde die Shu Pu-Erh Produktion in Xiaguan, der ersten staatlichen Pu-Erh Teefabrik.

 

Genussvolles Teetrinken wünscht das Teekenner-Team!

Christian Beck